Kurbelgehäuseentlüftung / Belüftung - wann wo welcher Druck anliegt
Hallo Gemeinde
Ich bräuchte mal euer Schwarmwissen, da ich aktuell mit meinem Latein am Ende bin.
Es geht um einen BP DOHC und der Funktionsweise dessen Kurbelgehäuseentlüftung.
Kurze Einleitung:
Genau genommen geht es um meinen BP der ordentlich BlowBy hat und durch die Kurbelgehäusenbelüftung Öldämpfe (mit viel Öl) in den Ansaugschlauch drückt. Bevor es jemand in den Raum wirft: Der Motor ist hin, hat zwar 14/15bar Kompression, aber subjektiv keine volle Leistung mehr und offensichtlich ein hohes BlowBy. Ich fahre kaum noch mit dem Ding (meist nur im Sommer an nem WE mal wenn es wieder juckt, bis es mir zu blöd wird mehr Öl als Benzin nachzukippen) und eine Motorrevision steht aus vielen Gründen erstmal nicht auf der To Do Liste, da haben andere Baustellen erstmal Vorrang bei denen es auch ganz gut ist diese erstmal an einem "defekten" Motor zu entwickeln/probieren. Back to Topic..
Das mit dem BlowBy habe ich zeitweise so hingenommen, kam beim Bau des Air Inatkes (einfach paar Silikonbogen statt Ansaugschlauch, der Optik halber) jedoch dann auf die Idee anstatt der Verbindung Kurbelgehäusenbelüftung - Ansaugschlauch einen Mini-Luftfilter an den Ventildeckel zu montieren - sieht man ja überall im Internet so. Der kleine Filter hat das Öl ganz gut rausgefiltert, sodass sich der Ölverlust über die KW-Belüftung tatsächlich in Grenzen hielt und der Motor den Mist nicht auch noch mit verbrannt hat. So weit so gut.
Dieser Filter - billig von eBay - hat sich dann irgendwann von selber aufgelöst. Als kurzfristige Notlösung montierte ich einen passenden Schlauch der dann irgendwo im Motorraum ausserhalb des Sichtbereiches eines evtl neugierigen Polizisten endete. Der Motor kann also durch diesen Schlauch "ausatmen" und irgendwie enthielt jene Luft dann so viel Öl, dass im Motorraum in einer Nische eine richtige Ölpfütze entstant und der Motor bei hoher Last vermutlich derart reinpusten musste, dass es sogar bis an die Haube spritzte. Ich konnte gar nicht glauben, dass der Mini-Filter das vorher alles abgehalten hat. Aber gut, ein Oil Catch Tank funktioniert ja nicht anders, ausser dass er das Öl wenigstens noch auffängt.
Da kam ich dann auf die Idee, die KW-Entlüftung (mit PCV) auch ins Leere laufen zu lassen, also nicht mehr an der Ansaugbrücke anzuschliessen. So kann KW-Entlüftung und KW-Belüftung völlig frei agieren. Ich habe erwartet, dass es aus beiden Anschlüssel dann ölhaltige Luft rausbläst, es war mehr ein Test. Das tat es aber nicht, es kam nur aus der KW-Belüftung sehr viel Öl raus. Mittlerweile hatte ich dann einen guten K&N Minifilter aufgetrieben und montiert, dabei aber vergessen, dass ich die KW-Entlüftung auch ins freie gelegt hatte und bin so gefahren.
Aus der KW-Entlüftung (die ins Freie ging) kam GAR NIX und aus der KW-Belüftung innerhalb von 10km bei Teillast ernsthaft 0,5L Motorenöl. Was zur Hölle. Ich dachte sofort an irgendwelche verstopften Ölrücklaufkanäle im Zylinderkopf oder sowas. Habe den VD abgenommen aber es ist nichts verdächtiges zu sehen, alle Bohrungen sind blitzeblank.
Jedenfalls wirft die ganze Geschichte einiges an Fragen auf, auf welche ich keine Antwort kenne.
- Warum bläßt es mir das Öl durch die KW-Belüftung, wenn der Weg durch die KW-Entlüftung und dessen PCV doch viel kürzer und einfacher wäre?
- Im Leerlauf bläßt der Motor spürbar durch alle 3 Öffnungen (KW-Belüftung, KW-Entlüftung, Öleinfüllstutzen) heraus wenn man diese bei laufendem Motor öffnet. Sieht man auch daran, dass Ölnebel nach aussen gelangt und sich an den umliegenden Bauteilen absetzt. Je mehr Gas ich gebe, desto weniger kommt da raus. Bei Vollgas (natürlich im Stand) kommt da gar nix mehr raus. Das widerspricht jedoch meinem Verständnis von hohem BlowBy durch verschlissene Kolbenringe?! Wenn ich das PCV wie original an der ASB anschliesse, dann sinkt im Leerlauf die Menge an Luft die es durch die 3 Öffnungen rausbläßt. Klingt wiederrum ganz plausibel, da die ASB mit Unterdruck da schon was abzutscht.
- Je näher ich (im Stand, bei Leerlaufdrehzahl) mit meinem Finger/Hand an eine dieser Öffnungen gehe, desto mehr wird mein Finger/Hand angesaugt. Wie zum Teufel kann es meinen Finger dort ansaugen, wo Luft rausgeblasen wird? Welche Druckverhältnisse ändern sich da?
- Was passiert, wenn ich die KW-Belüftung einfach verschliesse? Jedenfalls erzeugt er da im Leerlauf einen ordentlichen Unterdruck im Kurbelgehäuse, was ja grundlegend erstmal nicht sooo verkehrt ist. Aber ich bin mir sicher, dass es da noch mindestens einen Haken gibt, sonst gäbe es die KW-Belüftung nicht...
- Seit Zeitpunkt X habe ich festgestellt, dass mein Motor ne übelste blaue Wolke schmeisst wenn ich mich von hoher Drehzahl abtouren lasse und dann wieder das Gas antippe. Da denkt jeder sofort an Ventilschaftabdichtungen. Nun fiel mir aber auf, dass das zeitgleich mit der "Modifikation" des Air Intakes kam, bei dem ich die KW-Belüftung nicht mehr zum Ansaugschlauch sondern durch den Mini-Filter ins Freie geleitet habe. Könnte dass durch irgendwelche geänderten Druckverhältnisse auch solche blauen Wolken verursachen? Dass es da bei geschlossener DK aus Grund X dermaßen viel Ölnebel irgendwo ansaugt, weil der eine Anschluss nun ins Freie geht?
Jetzt seid ihr dran. :-)
Lieben Gruß, Toni
Re: Kurbelgehäuseentlüftung / Belüftung - wann wo welcher Druck anliegt
Hi Toni,
ich schau hier eigentlich kaum mehr rein. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass das Leben hier im Forum stark runter fährt. Vermutlich wegen der ganzen Facebook-Foren? Da kann man es aber vergessen, so eine Frage zu stellen...
Ich versuche mich mal im Beantworten, allerdings ist das meiste nur meine Meinung und mein Denken, ohne da mal was gemessen zu haben usw. Aber als Denkanstoß und Diskussionsgrundlage...
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Tonicalibra
- Warum bläßt es mir das Öl durch die KW-Belüftung, wenn der Weg durch die KW-Entlüftung und dessen PCV doch viel kürzer und einfacher wäre?
Wenn dein PCV intakt ist, wirst du feststellen, das dieses mit einer Feder vorgespannt ist. Somit brauchst du eine gewisse Druckdifferenz, um dieses vernünftig weit zu öffnen um da auch Öltropfen mit raus zu reißen. Bei etwas Luft was da raus kommt wird es vermutlich so funktionieren wie es soll, nämlich dass sich das Öl an einer der Wände im Labyrinth niederschlägt und wieder weg läuft. Und rein aus Luftwiderstand-Sicht ist das Labyrinth auf beiden Seiten groß genug so dass der Luftwiderstand nicht ausreicht, einen nennenswerten Druckunterschied zu erzeugen.
Zitat:
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Tonicalibra
- Im Leerlauf bläßt der Motor spürbar durch alle 3 Öffnungen (KW-Belüftung, KW-Entlüftung, Öleinfüllstutzen) heraus wenn man diese bei laufendem Motor öffnet. Sieht man auch daran, dass Ölnebel nach aussen gelangt und sich an den umliegenden Bauteilen absetzt. Je mehr Gas ich gebe, desto weniger kommt da raus. Bei Vollgas (natürlich im Stand) kommt da gar nix mehr raus. Das widerspricht jedoch meinem Verständnis von hohem BlowBy durch verschlissene Kolbenringe?! Wenn ich das PCV wie original an der ASB anschliesse, dann sinkt im Leerlauf die Menge an Luft die es durch die 3 Öffnungen rausbläßt. Klingt wiederum ganz plausibel, da die ASB mit Unterdruck da schon was abzutscht.
Was heißt Vollgas im Stand? Kurzer Gasstoß? oder länger hohe Drehzahl? Grundsätzlich ist es so, dass bei nicht steigendem Mitteldruck (und wenn du kein wirkliches Drehmoment forderst außer die bei höherer Drehzahl höheren Verlustmomente im Motor, dann hast du kaum höheren Mitteldruck) eine höhere Drehzahl bei defekten Kolbenringen besser funktioniert, da der Moment des Spitzendrucks (mit ähnlich hohem Druckniveau) deutlich kürzer anliegt (wenn auch deutlich öfter in der gleichen Zeitspanne) und sich damit nicht so viel am Kolbenring vorbei drückt. Dazu kommt, dass der als Ölnebel sichtbare blow by eine gute Verzögerung hat. Also die Luftmenge an sich kommt dann schon direkt mehr, aber Ölnebel dauert bis das mehr wird. Gut möglich auch, dass durch den Gasstoß mehr Öl aufgerissen wird aber erst dann im Leerlauf langsam durch kommt.
Letzterer Punkt ist richtig. Normalerweise sollte die ASB da so viel ziehen und so wenig Blowby sein, dass eher ein Zug auf der anderen Seite entsteht. (KW-Belüftung)
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Tonicalibra
- Je näher ich (im Stand, bei Leerlaufdrehzahl) mit meinem Finger/Hand an eine dieser Öffnungen gehe, desto mehr wird mein Finger/Hand angesaugt. Wie zum Teufel kann es meinen Finger dort ansaugen, wo Luft rausgeblasen wird? Welche Druckverhältnisse ändern sich da?
Da muss man jetzt auch bisschen aufpassen, was genau du da machst. Denn jeder Druckwelle folgt eine Unterdruckwelle. Und vom Gefühl her haben die meisten pulsierenden Strömungen die Eigenschaft, einen anzuziehen. Ob wirklich Unterdruck anliegt, merkt man erst, wenn man mit dem Finger dicht aufliegt und der Finger immer noch angezogen wird. Man kann das auch mit einer nicht pulsierenden Strömung schaffen. Mit der richtigen Düse auf einer Ausblaspistole des Kompressors kann sich dieselbe an eine Wand ziehen, gegen die man bläst. Musst du mal ausprobieren. Ganz ran kommt man nur mit Druck aber von 4 bis 0,5 cm Abstand zieht es die Pistole ran obwohl man nur ausbläst. Lustiger aerodynamischer Effekt.
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Tonicalibra
- Was passiert, wenn ich die KW-Belüftung einfach verschliesse? Jedenfalls erzeugt er da im Leerlauf einen ordentlichen Unterdruck im Kurbelgehäuse, was ja grundlegend erstmal nicht sooo verkehrt ist. Aber ich bin mir sicher, dass es da noch mindestens einen Haken gibt, sonst gäbe es die KW-Belüftung nicht...
Unterdruck im KW-Gehäuse ist immer gut, mindert die Pumpverluste. Allerdings verstärkt es auch Blowby und setzt den Siedepunkt von Öl runter, so dass dieses an den heißen Stellen (Lager und Kolbenringe) noch viel eher zum Verdampfen neigt. In deiner Situation fragwürdig... Daher spült man das normalerweise einfach nur durch. Weiterer negativer Effekt: Die Ölpumpe arbeitet mit einem Differenzdruck, so dass der Absolutdruck dann sinken wird. Das kann man entweder durch einen höheren Grunddruck ausgleichen oder eine neue Pumpe. Problem: Im Leerlauf wird der eingestellte Druck eh nicht erreicht, das heißt, das Druckregelventil bleibt geschlossen. Ein Unterdruck im Gehäuse reduziert also im Leerlauf den Öldruck um den gleichen Wert.
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Tonicalibra
- Seit Zeitpunkt X habe ich festgestellt, dass mein Motor ne übelste blaue Wolke schmeisst wenn ich mich von hoher Drehzahl abtouren lasse und dann wieder das Gas antippe. Da denkt jeder sofort an Ventilschaftabdichtungen. Nun fiel mir aber auf, dass das zeitgleich mit der "Modifikation" des Air Intakes kam, bei dem ich die KW-Belüftung nicht mehr zum Ansaugschlauch sondern durch den Mini-Filter ins Freie geleitet habe. Könnte dass durch irgendwelche geänderten Druckverhältnisse auch solche blauen Wolken verursachen? Dass es da bei geschlossener DK aus Grund X dermaßen viel Ölnebel irgendwo ansaugt, weil der eine Anschluss nun ins Freie geht?
Das ist für mich schwierig zu beantworten.
Meine Vermutung: Gerade bei höherer Drehzahl hast du sehr viel Unterdruck in der ASB, das saugt also kräftig über das PCV an dem Ventildeckel. Wenn du nun einen Filter oder einen Schlauch hast, in dem von Haus aus viel Öl ist, dann saugst du dir das auch wieder rein. Außerdem hast du da eben länger viel Unterdruck und saugst sowieso das ganze KW-Gehäuse gut ab. Beim wieder Gas geben ist das ganze Öl dann im Brennraum und Auspuff angekommen und verbrennt da schön. Problem: Hat nichts mit der Modifikation zu tun.