Hallo zusammen,
nachdem wir jetzt eine Woche lang so ziemlich jeden Pass in den Dolomiten gefahren sind, hier ein nächster Bericht über das Bilstein PSS9 Gewindefahrwerk im NB.
Einen ersten Kurzbericht von mir gibt es schon:
http://www.mx-5.net/dcboard/DCForumID10/7653.html
Am Setup des Wagens hat sich seit dem letzten Bericht ein wenig geändert:
Fahrwerk: Bilstein B16 PSS9
Stabis: FM Stabis, vorne weich, hinten mittel
Räder: OZ Superleggera in 15" mit Goodyear Eagle F1 GS-D3 in 195/50-15, vorne und hinten 2,2 bar.
Spurplatten: H&R, Vorne 15mm pro Rad, hinten 25mm pro Rad
Bremsen: Vorne gelochte Zimmermann-Scheiben, hinten Serienscheiben. Vorne und hinten GreenStuff-Beläge. Stahlflex-Bremsleitungen.
Fahrwerksdaten
Sturz hinten: -1°50"
Spur hinten: +0°07"
Sturz vorne: -1°00"
Spur vorne: +0°01"
Nachlauf vorne: +5°50"
Die gesamte Tour sind wir mit vollem Kofferraum gefahren; das Fahrwerk stand vorne und hinten auf weichster Stufe (Stufe 9).
1) Autobahn
Die ersten Strecken Richtung Süden war logischerweise Autobahn.
Ein sehr angenehmes Fahren. Bodenwellen werden gut geschluckt und nicht wie früher gnadenlos weitergegeben. Selbst unangenehme Strecken, die aus Betonplatten bestehen (A5 hinter Karlsruhe Richtung Süden), sind lange nicht mehr so stressig wie früher. Der Wagen liegt satt und souverän und läuft Spurrillen so gut wie gar nicht mehr hinterher. Plötzliche Bremsungen oder Lastwechsel sind völlig unproblematisch; es gibt kein Aufschaukeln oder Eintauchen. Der Komfort bewegt sich trotzdem nah an der Serie, wobei m.E. nach Unebenheiten wesentlich besser weggesteckt werden als beim Serienfahrwerk. Auch hohe Geschwindigkeiten machen den MX nicht nervöser.
Der Wagen liegt einfach, wie er liegen soll und wie man es erwartet. Man kann jede Geschwindigkeit und jede Autobahn entspannt fahren, der MX fährt wie von selbst und wird in keinem Moment nervös. Nachkorrigieren war nie nötig.
2) Landstraße
Ab Baden-Baden gings von der A5 runter auf die B500 (Schwarzwaldhöhenstraße) und danach über kleine Straßen bis zur A81 bei Empfingen.
Auch hier setzen sich die Erfahrungen fort: soveräne, satte Straßenlage, sehr guter Komfort, immer - wirklich immer - die Räder am Boden und ausreichend Reserven auch für schnelle Lastwechsel. Der Wagen reagiert so exakt und berechenbar, daß man wirklich nur eine Hand am Lenkrad braucht (wobei ich anspruchsvolle Strecken immer beidhändig fahre). Nachkorrigieren ist nicht nötig; einmal das Lenkrad eingeschlagen zirkelt der Wagen exakt um die Kurve. Ein Härterstellen des Fahrwerks ist nicht nötig, außer man mag es etwas härter. Not tut es nicht; in keiner Situation hatte man das Gefühl, zu weich unterwegs zu sein.
3) Pässe (Rest des Urlaubs)
In Italien sind wir dann fast nur noch Pässe gefahren, und die meistens im Renntempo und am Grenzbereich.
Hier spielt das Fahrwerk seine wirklichen Qualitäten aus - irre! In Verbindung mit den Superleggeras hat Pässefahren noch nie so einen Spaß gemacht. Wo der MX früher trotz anderer Stabis mit Bollerrädern immer untersteuert hat (z.B. nach dem Anbremsen beim Einfahren in eine Kehre bergab), so legt er jetzt ein völlig neutrales Fahrverhalten an den Tag. Sprich, man kommt auf eine Kehre zu, bremst wenige Meter vorher brutal ab, schlägt das Lenkrad ein und kommt wie an der Schnur gezogen um die Kurve - ohne, daß der Wagen über die Vorderräder in Richtung Kurvenäußeres schiebt oder das Heck ausbricht. Man kommt so schnell und so exakt wie nie zuvor um die Kurve und muß nicht einmal korrigieren.
Mit dem Gaspedal kann man dann, wenn man Spaß haben will, den Grad des Übersteuerns beeinflussen. Ein wenig Gas in der Kehre, und der MX "saugt" sich förmlich in die Kurve hinein, mit mehr Gas kann man die Kurven auch problemlos quer fahren.
Gerade hier merkt man die Qualitäten des Fahrwerks. Durch die harten Winter sind gerade die Kehren oft sehr buckelig und wellig. Früher kam es immer wieder vor, daß die Boxx hinten stellenweise die Haftung verlor und ein wenig hoppelte - diesen Effekt hatte ich dieses Jahr überhaupt nicht mehr! Ich hatte nicht einen Fall, wo ich die Bodenhaftung verlor; das Fahrwerk hat es wirklich immer geschafft, die Räder an der Straße zu halten. Selbst in quer gefahrenen Kurven mit durchdrehenden Rädern war es nie der Fall, daß die Drehzahl kurz hochging, wenn mal ein Rad in der Luft war.
Ansonsten ließen sich auch die manchmal sehr schlechten geraden Strecken der Pässe mit sehr hoher Geschwindigkeit fahren, ohne daß man das Gefühl hatte, jederzeit abgeworfen werden zu können.
4) Fazit
Egal, wo man fährt und wie man fährt, man hat das Gefühl, nie die Grenzen des Fahrwerks zu erreichen. Unabhängig von der Geschwindigkeit und dem Straßenzustand sind die Räder immer am Boden, wobei man enspannt hinter dem Lenkrad sitzt und der Wagen exakt das tut, was man erwartet. Der Grenzbereich ist exakt und sehr gut beherrschbar. Besonders beim Wechsel des Dämpfers von der Druck- in die Zugstufe und umgekehrt (Bodenwellen) spielt das PSS9 in einer anderen Liga als die Kombination Koni/H&R. Und all das spielt sich im Dämpfer ab, ohne daß etwas an die Karosse weitergegeben wird.
Meine hier beschriebenen Fahreigenschaften sind natürlich eine Kombination aus dem PSS9, den FM-Stabis und den sehr leichten Superleggeras - schwerere Räder oder Serienstabis werden das Fahrverhalten sicherlich in eine andere Richtung verschieben.
Immerhin zwei Wochen hab ich das PSS9 mit den Bollerrädern gefahren (Artec 9x16 mit Toyo 215/40-16); extrem aufgefallen ist mir hierbei, daß es mit den recht schweren Rädern um Klassen besser zurechtkommt als die Kombi Koni/H&R.
Meines Erachtens nach ist mein derzeitiges Fahrwerk, so wie es jetzt ist, optimal - ich wüßte nicht, was man da noch verbessern könnte.
4) Endeinschätzung und Empfehlung
Sicherlich ist das PSS9 nicht das ultimative Fahrwerk für Jedermann und jede Lebenslage. Wer nur Sonntags ein wenig Landstraße fährt und gerne cruist, ist mit dem Serienfahrwerk gut beraten.
Wer gerne etwas tiefer sein möchte, dem seien H&R-Federn ans Herz gelegt - sie bieten noch brauchbare Fahreigenschaften bei genügender Tieferlegung. Bedenken muß man allerdings, daß nur beim Federnwechsel die Seriendämpfer schneller verschleißen; man sollte also von vorneherein einplanen, daß man schneller als gewöhnlich neue Dämpfer braucht. In diesem Fall harmonieren die Konis ganz gut, auch für sportlichere Fahrweise.
Wer extrem sportlich unterwegs ist und Wert auf sehr gute Fahreigenschaften legt - egal ob tiefer oder nicht - kommt um das Bilstein B16 PSS9 kaum herum. Es ist ein Fahrwerk für höchste Ansprüche, exakt durch Einstellen der Höhe und der Druck-/Zugstufe an persönliche Bedürfnisse anpaßbar und bietet alle Reserven, die man von einem Fahrwerk in dieser Klasse erwartet.
Wer überlegt, seine Dämpfer und Federn zu wechseln und die Kombination Koni/H&R im Auge hat, der sollte überlegen, ob er nicht den überschaubaren Mehrpreis für das PSS9 investiert. Der Arbeitsaufwand für den Einbau ist exakt der Gleiche; für ein wenig mehr Geld bekommt man dann ein Fahrwerk, bei dem Dämpfer und Federn von vorneherein aufeinander abgestimmt konzipiert wurden und perfekt harmonieren. Man kann Druck- und Zugstufe verstellen (bei den Konis verstellt man nur die Zugstufe) und kann sogar z.B. im Winter mit Winterreifen den Wagen etwas höherlegen.
Meine H&R-Federn haben sich um ca. 1,5 cm im Laufe der Zeit gesenkt, so daß der Wagen tiefer war als gewünscht und oft aufgesetzt hat. Dagegen kommte ich nichts machen; mit einem Gewindefahrwerk kann man sogar das Setzen der Federn kompensieren; mit dem PSS9 auch noch das Nachlassen der Dämpfkraft im Alter.
Abgesehen davon ist mir allein die deutlich bessere Bodenhaftung den Mehrpreis wert; ein Abflug ist sicherlich teurer als der Mehrpreis fürs PSS9.
Eine Anmerkung zu den Einstellstufen:
Das PSS9 kann man in 9 Stufen von weich (9) bis hart (1) einstellen; dies macht man mit einem fest montierten, wertigen Metalldrehrad oben auf dem Dämpfer (ähnlich wie bei den Konis, nur daß man da ein Platikrad aufstecken muß). Die Verstellung "klickt" bei jeder Stufe ein; man braucht also keinen Sichtkontakt für eine exakte Einstellung (z.B. der Dämpfer hinten links). Ein komplett anderes Setup läßt sich so in wenigen Sekunden einstellen - klasse!
Für meinen Geschmack sind die Stufen 7-9 optimal für jeden Zweck und auch völlig ausreichend. Härtere Einstellungen würde ich nur machen, wenn ich hohe Geschwindigkeiten und topfebenen Asphalt habe (z.B. Rennstrecken wie den Hockenheimring). Bei härteren Einstellungen wird der Wagen aber nicht hoppelig (a la Golf GTI am Boden schleifend), sondern bleibt immer noch gut fahrbar, trotz der sehr guten Straffheit.
Eingetragen durch Teilegutachten wird das PSS9 mit einem erlaubten Verstellbereich von ca. 15-30mm tiefer als Serie; natürlich kann man den Wagen damit noch deutlich tiefer öder höher legen (z.B. Serienhöhe oder 50-60mm tiefer). Solange man nicht grad am Boden schleift oder wie auf Stelzen fährt, wird kein Beamter in grün eine Vermessung in Erwägung ziehen, weil dafür der Wagen auf die Bühne muß. Insofern kann man das PSS9 auch (mit geringem Risiko) in Erwägung ziehen, wenn man nicht tiefer gehen möchte oder mehr als 30mm Tieferlegung braucht. Zudem denke ich, daß sich auch andere Einstellbereiche per Einzelabnahme eintragen lassen.
Und noch ein letztes Wort zu den Superleggeras in 15" und den Goodyear Eagle F1:
Was die Optik der Superleggeras in 15" betrifft, darüber mag man streiten; manch einer findet sie OK, anderen sind sie zu klein. Hier soll jeder seine eigenen Prioritäten von 14"-18" ausleben. Ich habe 15" Serienalus, 9x16" Bollerräder und eben jetzt die 15" Superleggeras gefahren und kann mit Fug und Recht behaupten, daß das das Beste war, was ich fahrtechnisch machen konnte. Mit keinem anderen Rad ist der Wagen derart agil wie mit diesen leichten Rädern. Wobei meine Priorität mehr auf Fahreigenschaften als auf Optik liegt.
Der Goodyear Eagle F1 GS-D3 ist im Vergleich zum Toyo der eindeutig bessere Reifen. Er ist präziser und haltbarer und hat schier unglaubliche Nässeeigenschaften (im Neuzustand; ich muß den Reifensatz jetzt erst einmal runterbekommen) Über die Flankensteifheit kann ich im direkten Vergleich nichts sagen, weil ich die Toyos als 40er gefahren habe; da fehlt mir der direkte Vergleich in gleicher Größe.
So, ich habe fertig. Vielen Dank fürs Zulesen und vielleicht sind meine Einschätzungen ja eine Hilfestelluung für den einen oder anderen hier...